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Studie – Paul Keller
Die Untersuchung der wichtigsten Bestimmungen der DSM-Richtlinie zeigt, dass die Richtlinie insgesamt eine wesentliche Verbesserung für Einrichtungen aus den Bereichen Forschung, Bildung und Kulturerbe darstellt, die im digitalen Umfeld tätig sind. Die meisten Bestimmungen lassen relativ wenig Spielraum für unterschiedliche Umsetzungen durch die Mitgliedstaaten (eine begrüßenswerte Änderung gegenüber dem Ansatz der InfoSoc-Richtlinie), doch durch einige zumeist zweitrangige Punkte könnte die Stellung von Organisationen von öffentlichem Interesse deutlich verbessert (oder verschlechtert) werden. Empfehlungen dazu, wie die Mitgliedstaaten mit diesen Fragen am besten umgehen, sind im gesamten Text fett gedruckt. In einigen Fällen (vor allem im Hinblick auf die Bestimmungen zu Text und Data Mining, Bildung und Bestimmungen über vergriffene Werke sowie im Zusammenhang mit der Umsetzung von Artikel 17) muss der europäische Gesetzgeber jedoch nach wie vor eingreifen, um eine weitere Fragmentierung des Urheberrechtssystems zu verhindern.
Neben diesen Beobachtungen und Empfehlungen zu einzelnen Artikeln der Richtlinie ziehen sich drei Themen durch die gesamte Richtlinie, die in den kommenden Jahren im Blickpunkt des europäischen Gesetzgebers bleiben sollten. Erstens das weiterhin bestehende Erfordernis, gegen die Fragmentierung der Nutzerrechte in der EU vorzugehen. Zweitens die sich neu stellende Frage der Investitionen in Registrierungsinfrastrukturen, um die Funktionsweise des Urheberrechtsrahmens der EU zu verbessern.
Beseitigung der Fragmentierung von Ausnahmen und Beschränkungen
Wie in diesem Dokument dargestellt, sieht die DSM-Richtlinie keine gezielten Schritte zur Verringerung der Fragmentierung der Nutzerrechte in der Europäischen Union vor. Das bestehende System fakultativer Ausnahmen und Beschränkungen, das mit der InfoSoc-Richtlinie geschaffen wurde, bleibt bestehen. In der DSM-Richtlinie wird von diesem Ansatz begrüßenswerterweise abgewichen, alle neuen Ausnahmen sind dort verbindlich, wodurch eine weitere Fragmentierung verhindert wird.
Wie im Abschnitt über Ausnahmen und Beschränkungen oben (und insbesondere im Abschnitt über Artikel 25) dargelegt, bietet sich den Mitgliedstaaten, die zur Umsetzung der Richtlinie ihre Urheberrechtsgesetze ausweiten müssen, die Möglichkeit, weitere (bisher nicht umgesetzte) Ausnahmen aus der InfoSoc-Richtlinie umzusetzen und bestehende Ausnahmen zu verstärken oder zu ändern, um den Bedürfnissen der begünstigten Organisationen besser gerecht zu werden. Dies kann zwar theoretisch zu einer Harmonisierung der 12 wichtigsten Ausnahmen [1]Die fünf neuen Ausnahmen der DSM-Richtlinie (Text und Data Mining, Nutzung für Online-Bildung, Erhaltung und Zugang zu vergriffenen Werken) plus die fünf Ausnahmen, die im Abschnitt zu Artikel 25 … Continue reading) führen und würde ein Mindestmaß an garantierten Nutzerrechten der Bürger in der EU ermöglichen, ist jedoch ein relativ unwahrscheinliches Ergebnis des Umsetzungsprozesses. Auf Ebene der Mitgliedstaaten ist eine EU-weite Harmonisierung der Nutzerrechte im Allgemeinen kein politisches Ziel, in vielen Mitgliedstaaten wird im Hinblick auf das Gesetzgebungsverfahren eine „reine“ Umsetzung der Vorschriften der DSM-Richtlinie einfacher sein; [2]Die Niederlande, der einzige Mitgliedstaat, der bislang einen vollständigen Umsetzungsrechtsakt veröffentlicht hat, beschränken sich darauf, die in der DSM-Richtlinie vorgeschriebenen Änderungen … Continue reading zudem gibt es in vielen Mitgliedstaaten großen politischen Widerstand gegen die Einführung zusätzlicher Ausnahmen.
Dennoch muss aus Sicht des europäischen Gesetzgebers eine weitere Harmonisierung der Ausnahmen und Beschränkungen ein zentrales politisches Ziel sein. Eine Situation, in der es abhängig vom Mitgliedstaat, in dem der Zugang zum Internet erfolgt, unterschiedliche Nutzerrechte gibt, untergräbt die Idee eines digitalen Binnenmarktes und verstößt gegen den Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz. Daher sollte das Europäische Parlament die Umsetzung der Ausnahmen und Beschränkungen in den Mitgliedstaaten genau überwachen und weiterhin auf das Problem der Fragmentierung aufmerksam machen.
Ein Problem hierbei besteht darin, dass es derzeit keine offizielle, umfassende und aktuelle Übersicht über die Umsetzung gibt. Die einzige inoffizielle Informationsquelle, die oben genannte Online-Quelle CopyrightExceptions.eu, stammt aus dem Jahr 2016, enthält keine genauen Angaben zum Geltungsbereich der Ausnahmen und wird bisher nicht aktiv gepflegt [3]Die Website wurde von der niederländischen zivilgesellschaftlichen Organisation Kennisland aufgebaut, die sich seit Ende 2018 nicht mehr mit urheberrechtlichen Fragen beschäftigt. Seitdem befindet … Continue reading. Im Bemühen, das fortbestehende Problem einer Fragmentierung der Nutzerrechte in der EU hervorzuheben, könnte das Europäische Parlament Möglichkeiten zur Unterstützung des weiteren Betriebs dieser Plattform prüfen. Alternativ sollte die Kommission aufgefordert werden, aktuelle und ausführliche Informationen (zu Begünstigten, abgedeckten Inhalten, zulässigen Nutzungen, bestehenden Bedingungen usw.) zur Umsetzung der Ausnahmen und Beschränkungen durch die Mitgliedstaaten auf einem öffentlichen zentralen Online-Portal zu veröffentlichen, das die Kommission bereitstellt.
Aufbau von Registrierungsinfrastrukturen
Das dritte Thema, mit dem sich der EU-Gesetzgeber mit Blick auf die Zukunft auseinandersetzen muss, ist der sich abzeichnende Trend, Infrastrukturen für die Registrierung aufzubauen, um das Funktionieren des EU-Urheberrechtsrahmens zu verbessern. Die Registrierung von Werken als Voraussetzung für die Gewährung von Urheberrechtsschutz verstößt gegen Artikel 5 Absatz 2 der Berner Übereinkunft . Diese Tatsache wird regelmäßig angeführt, um Diskussionen über den Nutzen der Registrierung urheberrechtlich geschützter Werke zu beenden. Es ist jedoch unumstritten, dass durch die Registrierung grundlegender Urheberrechtsinformationen (insbesondere die Ansprüche auf die Urheberschaft/den Besitz des Urheberrechts an einem Werk) das Funktionieren des Urheberrechts im digitalen Umfeld, in dem die Grenzkosten für die Registrierung solcher Informationen und den anschließenden Zugang zu ihnen gleich Null sind, erheblich verbessert würde.
Diese Tatsache wird in der DSM-Richtlinie indirekt anerkannt; in drei Bestimmungen wird darin auf Formen der Registrierung angespielt. Dies betrifft die Möglichkeit der Rechteinhaber, sich das Recht vorzubehalten, Vervielfältigungen zum Zwecke des Text und Data Mining anzufertigen, in Artikel 4 Absatz 3, die Möglichkeit der Rechteinhaber, von den Bestimmungen über vergriffene Werke abzuweichen, in Artikel 8 Absatz 4 und die Pflicht von Rechteinhabern, Diensteanbietern für das Teilen von Online-Inhalten „einschlägige und notwendige Informationen“ bereitzustellen, um die Nutzung ihrer Werke durch Nutzer dieser Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten zu verhindern.
Auch wenn mit keiner dieser Bestimmungen die Einrichtung eines Registrierungssystems unmittelbar vorgeschrieben wird, kommt das „öffentliche zentrale Online-Portal“ für vergriffene Werke, das vom EUIPO gepflegt werden soll, dem doch sehr nahe. Wie im Abschnitt zu Artikel 17 erörtert, kann das in Artikel 17 Absatz 4 vorgesehene Verfahren am besten durch die Speicherung der „einschlägigen und notwendigen Informationen“ in einer zentralen, öffentlich zugänglichen Datenbank umgesetzt werden. In beiden Fällen steht Artikel 5 Absatz 2 der Berner Übereinkunft dem Aufbau eines Registrierungssystems nicht entgegen, damit diesen Registrierungssystemen lediglich bestimmte Arten der Ausübung des Urheberrechts von der Registrierung der Ansprüche auf Werke in einer öffentlichen Datenbank abhängig gemacht würden.
In beiden Fällen wird eine gut funktionierende und sinnvoll gestaltete öffentliche Datenbank bzw. ein Portal wesentlich zur erfolgreichen Umsetzung der jeweiligen Bestimmungen der DSM-Richtlinie beitragen. Da diese Datenbanken nur sinnvoll sind, wenn sie auf europäischer Ebene arbeiten, muss die Europäische Union [4]Oder eine ihrer Exekutivagenturen wie das EUIPO, das wie bereits erwähnt über umfangreiche ungenutzte Finanzmittel verfügt, die für diesen Zweck eingesetzt werden könnten bei ihrer Gestaltung, ihrem Aufbau und ihrer Pflege eine Schlüsselrolle spielen.
Fußnoten
↑1 | Die fünf neuen Ausnahmen der DSM-Richtlinie (Text und Data Mining, Nutzung für Online-Bildung, Erhaltung und Zugang zu vergriffenen Werken) plus die fünf Ausnahmen, die im Abschnitt zu Artikel 25 betrachtet werden (beiläufige Einbeziehung, Veranschaulichung im Unterricht oder für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung, Zugang für Forschungszwecke oder private Studien, Vervielfältigungen durch Einrichtungen des Kulturerbes sowie Panoramafreiheit) plus die beiden de facto verbindlichen Ausnahmen aus Artikel 17 Absatz 7 (Zitate und Parodie |
↑2 | Die Niederlande, der einzige Mitgliedstaat, der bislang einen vollständigen Umsetzungsrechtsakt veröffentlicht hat, beschränken sich darauf, die in der DSM-Richtlinie vorgeschriebenen Änderungen umzusetzen. Der Begründung zufolge ist dies darauf zurückzuführen, dass ein reiner Umsetzungsrechtsakt über ein vereinfachtes Gesetzgebungsverfahren angenommen werden kann. |
↑3 | Die Website wurde von der niederländischen zivilgesellschaftlichen Organisation Kennisland aufgebaut, die sich seit Ende 2018 nicht mehr mit urheberrechtlichen Fragen beschäftigt. Seitdem befindet sich die Website im Wartungsmodus. |
↑4 | Oder eine ihrer Exekutivagenturen wie das EUIPO, das wie bereits erwähnt über umfangreiche ungenutzte Finanzmittel verfügt, die für diesen Zweck eingesetzt werden könnten |