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Studie – Paul Keller
Mit Titel II der DSM-Richtlinie werden einige neue und verbindliche Ausnahmen und Beschränkungen des Urheberrechts aufgenommen. Dies betrifft Ausnahmen zur Nutzung von Text und Data Mining (TDM) urheberrechtlich geschützter Werke (Artikel 3 und 4), eine Ausnahme zur Nutzung geschützter Werke bei digitalen und grenzüberschreitenden Unterrichts- und Lehrtätigkeiten (Artikel 5) und eine Ausnahme zur Erhaltung von Werken des Kulturerbes durch Einrichtungen des Kulturerbes (Artikel 6). Zudem wird mit Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie auch eine verbindliche Ausnahme eingeführt, die es Einrichtungen des Kulturerbes gestattet, in ihren Sammlungen befindliche vergriffene Werke online zugänglich zu machen, es sei denn, es gibt eine Möglichkeit, die Genehmigung dafür durch eine kollektive Lizenzvergabe zu erhalten. Insgesamt werden mit der Richtlinie fünf neue verbindliche Ausnahmen vorgesehen, die von jedem Mitgliedstaat umgesetzt werden müssen. Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission enthielt lediglich drei dieser Ausnahmen, die Aufnahme von zwei weiteren Ausnahmen, die Forschungsinstituten und Einrichtungen des Kulturerbes zugutekommen, sollte als Erfolg der Lobbytätigkeit dieser Sektoren betrachtet werden.
Deutlich abweichend von der InfoSoc-Richtlinie sind alle diese neuen Ausnahmen verbindlich (sie müssen von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden) und (abgesehen von der Ausnahme für vergriffene Werke) auch vor vertraglichen und technologischen Eingriffen geschützt. Darin kommt die Absicht der Gesetzgeber zum Ausdruck, sich auf grenzüberschreitende Nutzungen im digitalen Umfeld zu konzentrieren.
Die Mitgliedstaaten müssen diese Ausnahmen zusätzlich zu den bereits bestehenden nationalen Ausnahmen anwenden, die auf der InfoSoc-Richtlinie und der Richtlinie über verwaiste Werke basieren. Die InfoSoc-Richtlinie von 2001 enthielt 20 fakultative Ausnahmen; es blieb den Mitgliedstaaten überlassen, zu entscheiden, welche von ihnen sie in ihren nationalen Rechtsvorschriften umsetzen wollen. Infolgedessen gibt es im Hinblick auf die Umsetzung der Ausnahmen der InfoSoc-Richtlinie beträchtliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten [1]Für einen Überblick siehe copyrightexceptions.eu. Mit dieser im Jahr 2014 von der niederländischen NGO Kennisland eingerichteten Website kann die Umsetzung der InfoSoc-Ausnahme für jeden … Continue reading Während die DSM-Richtlinie wenig [2]Durch Artikel 17 Absatz 7 werden die bestehenden Ausnahmen für Parodien und Zitate der InfoSoc-Richtlinie de facto für alle Mitgliedstaaten verbindlich. Dies wird in Teil 2 der Untersuchung genauer … Continue reading dazu beiträgt, den daraus resultierenden Flickenteppich von Nutzerrechten in der Europäischen Union zu beseitigen, können – und sollten – die Mitgliedstaaten die nationale Umsetzung der DSM-Richtlinie nutzen, um zusätzliche Ausnahmen der InfoSoc-Richtlinie umzusetzen, die zu einer weiteren Harmonisierung beitragen würden. In der Richtlinie werden sie zwar nicht dazu verpflichtet, aus Artikel 25 geht jedoch eindeutig hervor, dass die DSM-Richtlinie sie nicht daran hindert, dies zu tun.
Durch die mit der DSM-Richtlinie eingeführten Ausnahmen und die Möglichkeit, einen größeren Teil der bestehenden InfoSoc-Ausnahmen umzusetzen, wird die Position der Forschungs-, Bildungs- und Kulturerbeeinrichtungen und damit auch der Millionen ihrer Nutzer deutlich verbessert.
In den folgenden Abschnitten werden alle Ausnahmen ausführlicher untersucht.
Fußnoten
↑1 | Für einen Überblick siehe copyrightexceptions.eu. Mit dieser im Jahr 2014 von der niederländischen NGO Kennisland eingerichteten Website kann die Umsetzung der InfoSoc-Ausnahme für jeden Mitgliedstaat nachverfolgt werden. Sie wird derzeit nicht aktiv gepflegt, einige der Daten sind veraltet, sie veranschaulicht jedoch weiterhin, welcher Flickenteppich bei den Rechten besteht, über die die Nutzer in der EU verfügen (Hinweis: Der Verfasser dieser Untersuchung war zum Zeitpunkt des Starts der Website Geschäftsführer von Kennisland und rief die Website in dieser Funktion ins Leben.). |
↑2 | Durch Artikel 17 Absatz 7 werden die bestehenden Ausnahmen für Parodien und Zitate der InfoSoc-Richtlinie de facto für alle Mitgliedstaaten verbindlich. Dies wird in Teil 2 der Untersuchung genauer behandelt |